Zertifikate sind kein Investment für Jedermann
Sie haben die Lehman-Krise nahezu schadlos überstanden – nach wie vor blüht der Handel mit Zertifikaten. Die meisten Anleger können die Frage, was sie da eigentlich genau im Depot liegen haben, allerdings kaum beantworten. Die meisten freuen sich, dass sie festverzinsliche Wertpapiere erworben haben, die ihnen nach einem bis eineinhalb Jahren noch einen stattlichen Bonus versprechen. Zertifikate sind keine festverzinslichen Wertpapiere, sondern bergen unter Umständen das Risiko des Totalverlustes der Anlage. Warum sind Zertifikate dann so populär?
Die meisten Zertifikate sind Kurzläufer und in der Regel nach 18 Monaten beendet
Anleger finden Zertifikate deswegen praktisch, weil sie sich nicht lange mit diesem Investment binden. Darüber hinaus ist der Ausgabeaufschlag wesentlich geringer als bei einem Investmentfonds. Der potentielle überdurchschnittliche Ertrag am Ende der Laufzeit in Form einer Bonuszahlung ist der endgültige Anstoß, ein Zertifikat zu erwerben.
Für die Banken ist der Vorteil ein wenig anders gelagert. Banken verdienen bei Investmentfonds am Ausgabeaufschlag und an der Depotverwaltung. Ein Fonds hat den Nachteil, einmal gekauft, liegt er möglicherweise auf Jahre im Depot. Das gilt besonders bei beratungs-resistenten Kunden, die ihr Depot nicht umschichten möchten. Zertifikate versprechen auf Dauer höhere Einnahmen durch den häufigen Wechsel. Ausgestattet mit einem Ausgabeaufschlag zwischen 1,2 Prozent und 1,5 Prozent erzielt das Kreditinstitut hier bei erfolgreicher Wiederanlage auf Dauer einen höheren Ertrag als mit klassischen Investmentfonds.
Die Risiken von Zertifikaten
Zertifikate sind keine klassischen Wertpapiere wie eine Aktie oder eine Schuldverschreibung, sondern ein Derivat, ein Kunstprodukt. Ein Zertifikat verkörpert eine Wette auf die Kursentwicklung einer oder mehrerer Aktien. Die meiste Verbreitung im Privatkundengeschäft finden das Bonus-Zertifikat und das Garantie-Zertifikat.
Das Prinzip ist einfach: Grundlage ist eine einzelne Aktie oder ein Aktienkorb. Der Anleger erhält einen garantierten Zins, der, bereinigt um die Kosten, Tagesgeldniveau hat. Darüber hinaus erhält er das Versprechen, eine zusätzliche Bonuszahlung zum Laufzeitende zu erhalten, wenn……….. Das Zertifikat regelt für den unterlegten Basiswert ein bestimmtes Kursverhalten. Das bedeutet, wenn der Kurs des Basiswertes während der Laufzeit des Zertifikats eine unter oder obere Grenze berührt oder überschreitet, ist die Bonuszahlung hinfällig. Dies hat auch Gültigkeit, wenn sich der Kurs zum Laufzeitende wieder innerhalb der Grenzen bewegt. Die Wahrscheinlichkeit, wie sich der Kurs einer Aktie entwickelt, ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die eine Vorhersage für einen bestimmten Zeitraum eigentlich nicht möglich machen.
Garantie-Zertifikate klingen verlockend. Der Emittent verspricht, bei Fälligkeit mindestens 100 Prozent des gezahlten Kapitals zurück zuzahlen. Liegt der Kurs an diesem Tag bei 100 Prozent des Einstandspreises oder darunter, trägt der Anleger den Verlust des Ausgabeaufschlages. Diese Garantie gilt nur für den Stichtag, an dem das Zertifikat fällig wird. Während der Laufzeit gilt bei einem Verkauf der Börsenkurs.
Sollten Sie sich für den Erwerb von Zertifikaten interessieren, berücksichtigen Sie folgendes:
- Der garantierte Zins ist unter Berücksichtigung der Kosten eher unattraktiv
- Die vermeintlich sichere Anlage in ein festverzinsliches Wertpapier kann mit einem Totalverlust enden. Sei es, weil die unterlegten Basiswerte wertlos werden, sei es weil der Emittent in den Konkurs geht. Lehman-Anleger haben die schmerzliche Erfahrung gemacht, dass es hier keine Rettungsfallschirme wie den Einlagensicherungsfonds gibt.
- Auch bei den fälschlicher Weise als Geldmarktersatz angebotenen Deep-Bonus Zertifikaten ist ein Totalverlust möglich.
- Wer direkt in die Aktie investiert, partizipiert auch an der Dividendenzahlung. Der Erwerber eines Zertifikates verzichtet darauf.